Die Schlachten bei Bleckenstedt
Die strategisch wichtige Lage an 3 Straßen
Wenn man sich die Schlachten bei Bleckenstedt (13. Februar 1493) und 12. September 1553) vorstellen will, dann darf man nicht die Karte des 19. Jahrhunderts vornehmen, wie das bisher fast immer geschehen ist. Denn da haben wir – abgesehen von den landschaftlichen Veränderungen – ein wesentlich anderes Straßensystem vor uns, das auch schon durch die Separation um 1850 stark verändert wurde. Ganz ausschließen müssen wir unsere heutige Karte mit dem „Zweigkanal Salzgitter“, der hier ja die Niederung des alten Auebruches für den Kanal für sich ausnutzt.
Ich habe für meine Abhandlungen die Wege- und Straßenkarten der Zeit um 1500 benutzt, so werden wir der wirklichen Lage jener Zeit gerecht. (Wilhelm Bornstedt: Die alten Heer- und Handelsstraßen im Großraume Braunschweig. Braunschweig 1969, 131 Seiten mit vielen Karten).
Wenn wir in meiner großen Karte (1:50 000) dieses Gebiet aufschlagen, so fällt uns sogleich die sogenannte „Lichtenberger Straße“ (Nr.10) auf, die von Frankfurt –Seesen kommend, über Lebenstedt und Hallendorf nach Bleckenstedt zu führt. Hier bei Bleckenstedt überschreitet sie das große „Auebruch“ und lauft über Beddingen – Stiddien –Broitzem nach dem Hohentore der Stadt Braunschweig, einem der damals wichtigsten Tore der Stadt. Diese Straße war gegenüber der „Salzgitter Straße“ die weiter östlich verlief, bis zur „Hildesheimischen Stiftsfehde“ (1519-1523), die wichtigste Fernhandels- und Heerstraße der damaligen Zeit. Sie führte größtenteils durch braunschweigisches Gebiet und nur wenige Kilometer durch das Hochstift Hildesheim, mit dem die Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel oft verfeindet waren. Außerdem waren die Hildesheimer damals dafür bekannt, dass sie ihre Straßen so stark vernachlässigten, dass man sie mied. Ein Achsenbruch war damals das übelste, was einem Kaufmann passieren konnte.
Mit dieser „Lichtenberger Straße“ (1) kreuzte sich bei der Brücke von Bleckenstedt (später Damm) die wichtigste Straße von „Hildesheim nach Wolfenbüttel“ (2), die weiter über Schöningen nach Magdeburg führte. Von dieser Straße zweigt gleich östlich des Dorfes Bleckenstedt (bei Beddingen) eine wichtige Straße über „Steterburg nach der alten Okerfurt bei Leiferde“ (3) ab. (Diese Straße führte später zu dem Treffen bei Steterburg mit dem Söldnerführer Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, 1553)
Von dieser Sicht, nämlich dem Kreuzungspunkt der damals 3 wichtigsten Straßen des 15. und 16. Jahrhunderts und ihren Brückenübergängen über das nordsüdlich verlaufende alte „Auebruch“, habe ich meine hier dargestellten Ausführungen im Wesentlichen ausgerichtet. Auch meine dazugegebenen Karten zeigen zum ersten Male bei der Darstellung der Schlachten diese Lage des 15. Und 16. Jahrhunderts.
Herzog Wilhelm der Jüngere hatte zugunsten seiner Söhne (Heinrich der Ältere und Erich der Ältere) im Jahre 1491 abgedankt. Da Erich aber in des Kaisers Diensten sich fern von der Heimat befand, lag die aktive Politik im Herzogtum Braunschweig damals vorwiegend in den Händen Heinrich des Älteren (1491 – 1514).
Die Stadt Braunschweig wollte dem neuen Herrn in Wolfenbüttel huldigen, wenn er ihre alten Privilegien bestätigt hatte, wie das auch früher immer der Fall gewesen war.
Bei den Verhandlungen im Holze vor Vechelde ging der Herzog aber darauf nicht ein, und so trennte man sich in Unfrieden.
Ziel Heinrich des Älteren war es, gemeinsam mit seinem gleichnamigen Vetter von Lüneburg die Städte Braunschweig und Lüneburg wieder zum unbedingten Gehorsam gegenüber ihren Landesherren zu zwingen.
Zu diesem Zwecke schlossen denn die beiden auch ein Bündnis. Die Stadt Braunschweig aber, die damals eine mächtige Hansestadt mit rund 20 000 Einwohnern war, war nicht nur im Besitz des Münzrechtes, der Zölle und Gerichte gekommen, sondern die Herzöge hatten ihr auch die Ämter Asseburg, Campen, Neubrück und Vechelde mit den darin liegenden wichtigen Burgen verpfändet, die sie zur Sicherung ihrer Handelsstraßen benötigte.
Heinrich begann nun, einen Teil dieser Rechte und Güter wieder zurückzufordern unter dem Vorwande, dass seine Vorfahren zu deren Veräußerung kein Recht gehabt hätten.
Die Stadt hatte sie einst unter großen Geldopfern von den Herzögen erworben.
Weder die Ständeversammlungen in Helmstedt noch die Vermittlungsvorschläge Dritter nützten etwas. Gilden und Gemeinden der Stadt Braunschweig verbaten sich in einem geharnischten Briefe an den Herzog alle Einmischungen in die inneren Angelegenheiten der Stadt, und der Herzog lehnte die Bestätigung der Privilegien Braunschweigs nun rundweg ab.
In seinem großen Fehdebrief an die Stadt wurde auch eine Anzahl von Bündnispartnern aufgezählt: Der glänzendste unter ihnen war der König Johann von Dänemark. Es folgten die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg und der im folgenden Kriege aktivste Herzog Heinrich der Mittlere von Lüneburg, sein Vetter. Dazu kamen noch der Erzbischof Ernst von Magdeburg, die Herzöge Magnus und Balthasar von Mecklenburg und der Landgraf Wilhelm von Hessen.
Es sollte wohl ein Schlag der Fürsten gegen die immer mächtiger werdenden Städte werden. Indes haben die meisten Bündnispartner am Kriege selbst nicht aktiv teilgenommen.
Die Stadt Braunschweig wurde nur von der Stadt Hildesheim unterstützt.
Am 10. August 1492 zeigte sich Heinrich der Ältere mit seinem bewaffneten Haufen zum ersten Male an der städtischen Landwehr bei Broitzem, und in den nächsten Wochen fielen ihm viele Dörfer und Landgüter der Stadt in die Hände.
Der Schöppenstedter Turm und der Raffturm wurden von den Herzoglichen gestürmt und gingen in Flammen auf.
Gleich zu Anfang des Krieges wurde das städtische Pfahldorf Rüningen zerstört und niedergebrannt. Den Rüninger Landwehrturm hatten die Städter selber niedergebrannt, damit sich der Feind darin nicht festsetzen konnte. Am 4. Januar 1493 wurden Bettmar, Wahle und Sierße abgebrannt.
Auch die städtischen Burgen Asseburg, Vechelde, Neubrück und Campen wurden von den Herzögen erobert. Wegen der großen Entfernung glaubten die Städter, die Asseburg nicht halten zu können und brannten sie daher am 19. August 1492 nieder.
Unter den zahlreichen Scharmützeln zwischen der Stadt und den Herzoglichen hatte vor allem die Landbevölkerung zu leiden.
Gliesmarode, Stöckheim, Timmerlah und Halchter gingen in Flammen auf. Lehndorf wurde aus kriegstaktischen Gründen von den Städtern selber niedergebrannt.
Am 5. Januar 1493 brannten die Städter die herzoglichen Dörfer Broitzem, Stiddien und Lamme ab. Am 8., 9. und 10. Januar wurden Bortfeld, Völkenrode und Watenbüttel von den Städtern gebrannt und geplündert.
Am 9. Februar geschah dasselbe mit Salzdahlum und Atzum. Vallstedt wurde beim Durchzug der Städter nach Bleckenstedt verbrannt und völlig ausgeplündert. Nach der Schlacht bei Bleckenstedt setzten die Städter noch viele Dörfer in Brand, die auf ihrem Rückweg lagen.
Die Landbewohner konnten außerdem ihre Nahrungsmittel nicht in die belagerte Stadt zum Verkauf hineinbringen, weil die Herzoglichen die Straßen ringsum beherrschten. Die Herzöge drohten allen Frauen mit dem Abschneiden der Nase und Ohren, wenn sie beim Lebensmitteltransport ertappt würden (neße und ore aftosniden). In der Stadt waren die Preise für Lebensmittel daher sagenhaft gestiegen.
Ein Aufgebot von Braunschweigern und Hildesheimern versuchte daher einen großen Wagenzug mit Lebensmitteln über Peine nach Braunschweig zu bringen, unter kriegerischem Geleit. Bei den Braunschweigern gingen Frauen mit, wohl anderthalbhundert, die trugen um Lohn (Kiepenfrauen).
Sie fielen auf die Knie und weinten, als sie merkten, dass es ernst wurde.
Der Herzog aber, der davon Kunde erhalten hatte, verlegte ihnen den Weg und machte die von Peine nach Braunschweig führende Straße über Vechelde durch Gräben und Verhacke unbrauchbar. Dann brach er mit einem Heere auf, um die Braunschweiger und Hildesheimer anzugreifen. Letztere versuchten nun, die Stadt auf einem Umwege durch das Gericht Lichtenberg zu erreichen.
Als sie aber auf dem Damme zwischen Vallstedt und Lengede in Richtung Bleckenstedt daherzogen, verlegten ihnen die Herzoglichen den Weg. So kam es am 13. Februar 1493 zu der denkwürdigen Schlacht bei Bleckenstedt.
Die Städter errichteten zu ihrem Schutze eine Wagenburg aus Wagen und Ketten. Ihr Heer bestand aus 500 Reitern, 1800 Fußknechten, 3000 Braunschweiger und 1700 Hildesheimer Bürgern.
Der Herzog soll über 1400 Reiter, 1200 Fußknechte und an die 10 Bürger und Bauern zu Feld geführt haben.
Die Bauern aber liefen und flohen bald in hellen Haufen vor allem in den Steterburger Wald. Bis nach Rüningen soll man den Kanonendonner gehört haben.
Aber schon am Nachmittag desselben Tages war die Schlacht zu Ende. Man sah nur noch in der frühen Dunkelheit des Wintertages den Feuerschein der brennenden Dörfer, (z. B. Stiddien), die die Städter entlang ihres Weges angezündet hatten. Der größte Teil des stadtbraunschweigischen Heeres wird wohl auf der alten Lichtenberger Straße über Stiddien und Broitzem gezogen sein, ein geringerer auch über Geitelde und Rüningen.
Aber hören wir einen Augenzeugenbericht zu dieser Schlacht von einem Zeitgenossen, der mitten im Geschehen stand, dem Bürgermeister Hennig Brandis aus Hildesheim (Diarium im niederdeutschen Text von 1471 – 1528, siehe auch L. Hänselmann, Braunschw. Magazin 1895)
….Beim Dummebruche nahe dem Berge über Bleckenstedt kamen wir auf den Berg. Da ritten die Herzoglichen über die Brücke bei Bleckenstedt mit 200 Pferden. Ihr übriges Reitervolk hielt in starken Haufen auf der anderen Seite des Bruches mit den wehenden fürstlichen Bannern.
Von ihrem Fußvolk war schon viel verlaufen. Sie haben ihre vier bis fünf Feldschlangen (Kanonen) vor das Bruchfeld gestellt und den Berg hinaufgerichtet, wo unser Weg herabführte. Da ging die Schlacht los!
Unsere Reiter rückten vor und hieben ein, gleich wandten sich die Feinde zur Flucht……Zuhand schossen die Feinde die Büchsen los unter unser Volk, so das 26 oder 28 tot lagen. Nun liefen unsere Knechte und Bürger auch vorwärts, um aus dem Schußziel zu kommen, und davor erschraken die Feinde, liefen gleichfalls und ließen ihre Büchsen und was sie hatten im Stich. So gewannen wir den ersten Sieg vor Bleckenstedt und nahmen all die Büchsen und über 20 Wagen mit fünf Tonnen Kraut (Pulver), Kost, Herrenkleidern, güldene Spangen, Kleinoden, Siegeln und allerlei Habe der vornehmen Leute.
Sofort waren unsere Büchsenmeister fertig, schossen heftig dorthin, wo die Herzöge mit ihren Hauptbannern und Reitern hielten, und so wichen diese auch.
Die Städter bauten eine Wagenburg.
Die Karte veranschaulicht die damals bedeutsame strategische Lage von Bleckenstedt am Kreuzungspunkt dreier wichtiger mittelalterlicher Heer- und Handelsstraßen. Wer die Brücke besaß, beherrschte auch die Straßen nach Braunschweig, Hildesheim, Wolfenbüttel, Lichtenberg und nach Steterburg und der Leiferder Okerfurt. Zeichnung Dr. Bornstedt
Um die Vesperzeit griffen die Herzoglichen vom Berge her kampfartig gegen die Wagenburg an (siehe 3. Abbildung). Ihr Angriff war so stolz und schön, wie man nur immer sagen mag. Dann hielten sie aber eine ziemliche Weile ganz ärmlich und betrüblich.
Da waren unsere Feldschlangen, Steinbüchsen alldergleich nicht geladen bis auf eine einzige Schlange, und diese traf gut.
Die riesigen Schützen (Reiter) der Feinde schössen ihre Pfeile im Borgen zur Wagenburg herein. Ihr Fußvolk, die Knechte und andere, kamen vom Dorfe her, kehrten aber gleich wieder um. Auch von unseren Knechten hielten viele sich ganz kläglich, ein Teil tat das Seine so hin und desgleichen die Bürger. Unsere Reiter standen an einem Ende und rührten sich nicht, als wären sie gemalt.
Und derweil auf beiden Seiten ein gewaltiges Schreien, Trommeten (Trompeten), Trommeln und Pfeiffen und Büchsenklingen. In diesem Wunder riet ich zur rechten Zeit und rief nach den Blockbüchsen. Da sagte der Büchsenmeister: „Sie sind nicht geladen!“ Viele riefen: „Lote her! Pfeile her!“ Sie hatten sie zur Unzeit ganz jämmerlich verplacket.
Als die Feinde außer Schussweite geritten waren, hatten sie vielleicht mit den Verwundeten zu tun. Es sollen auf beiden Seiten gegen 200 Tote gewesen sein.
Zwischen vier und fünf Uhr Nachmittag zogen die Städter nach Braunschweig ab. Ein Teil über die Brücke, die meisten übers Bruch, das mit Weiden und Knüppeln gangbar gemacht war. Die Städter hatten viel Wagen und Pferde gewonnen. Doch die größten Schlangen blieben liegen und wurden vernagelt (Nägel in die Zündlöcher geschlagen). Die Feinde hatten viel große Brote, Rotwürste, Schuhe und Mäntel usw. von sich geworfen, was die Städter an sich nahmen.
Alle Dörfer längs des Weges brannten wir. Sie leuchteten uns den Weg. Gegen neun Uhr abends kamen wir in Braunschweig an.
Es heißt noch in einem anderen Berichte, dass die Städter in der Schlacht in ungezügelter Plünderung auf die Beutel mit Lebensmittel der geflohenen Bauern stürzten und selbst die Leichen und Verwundeten ausraubten. Sie erbeuteten einen prächtigen Braten, der für die Tafel des Herzogs bestimmt war. Ferner drei Geschütze und den Hut des Herzogs, den er im Getümmel verloren hatte.
Die Nachricht von dem Siege bei Bleckenstedt erregte in der Stadt Brauschweig eine große Freude!
Umgehung und Angriff der Herzoglichen auf die Wagenburg der Städter (nach L. Hänselmann, Straßen verändert/1493)
Man hat für die Reiterei (herzogliches Geschwader) extra einen Übergang aus Faschinen durch Moor gebaut und zwar an der schmalsten Stelle! Die Wagenburg der Städter hatte sich in geschickter Weise an das Auemoor angelehnt, sie dürfte schmaler gewesen sein und mehr auf das Moor ausgerichtet als von Hänselmann gezeichnet.
Sonst gibt die Karte mit der alten Landschaft und den alten Straßen eine ausgezeichnete Veranschaulichung der Lage.
Die Bauern der damaligen Zeit hatten für die Kämpfe und Kriege der Herzöge allerdings nur wenig übrig. Letzten Endes waren es ja ihre Felder und Höfe, die dabei verbrannt und zerstört wurden. Die Dörfer lagen Freund und Feind offen da, während sich die Städter wenigstens hinter die schützenden Mauern ihrer Befestigungswerke zurückziehen konnten. Wir wundern uns daher auch nicht, dass ein großer Teil von ihnen dem Herzoge in der Schlacht bei Bleckenstedt davon gelaufen war. Sie sorgten sich mehr um ihre Felder und Höfe.
Die Städter aber haben damals ein Spottlied auf die geflohenen herzoglichen Bauern gesungen, das ich hier nachfolgend wiedergeben möchte. Es soll außerdem dem Leser die niederdeutsche Sprache im Braunschweigischen zu jener Zeit veranschaulichen:
De buer dede na syner art,
de hot sick hen to holte wart,
(ist nach dem Walde gelaufen)
he wolde wasen houwen. (Wasen – Knüppelholz)
Den hoiken (Mantel) leit he vor ein pant (Pfand)
den brotsack worp (warf) he ut der hant,
syn hovet begunde he to klouwen.
(sich hinter den Ohren kratzen)
Wanne (o weh)! Du leve Janekesman (Johann),
woldet vor einen ruter (Reiter) stan?
dar en bustu nicht boren.
(Dazu bist du nicht geboren)
Molden unde schuffeln houwen,
(Mollen und Schaufeln hauen)
dat ist dyn art
Jucket dick ok noch dyn bart?
wat hestu hyr verloren?
(was hast du hier verloren?)
Dabei muss gesagt werden, dass sich auch die übrigen Krieger damals nicht gern in den Kampf drängten. Die Reiter rührten sich nicht, als „wären sie gemalt“ heißt es in dem Bericht. Und wir hören sogar, dass fünfzig Braunschweiger, die ausgerissen waren, ans Tor kamen und wieder um Einlass baten. Die angeworbenen Söldner kämpften oft erst, wenn man ihnen den Sold erhöht hatte.
Die Niederlage der Herzöge bei Bleckenstedt war der Wendepunkt des Krieges. Die Feindseligkeiten dauerten zwar eine Zeitlang an, und man brandschatzte sich gegenseitig die herzoglichen und die stadtbraunschweigischen Dörfer und Felder. Aber der Streit war zumindest unentschieden ausgelaufen, und so kam es denn auch bald zu langwierigen Verhandlungen und am 4. Juni 1494 endlich zum Friedensschluss. Dabei ging weder die Stadt Braunschweig noch der Herzog in Wolfenbüttel als endgültiger Sieger hervor. Die Stadt behauptete dem Herzog gegenüber ihre Selbständigkeit, musste aber Neubrück und Campen den Fürsten überlassen.
Die Burg Vechelde mit allem Zubehör, also auch mit dem Dorfe, und den Gerichtsbezirk Asseburg (die Asseburg blieb seitdem Ruine) musste sie für 19 000 Gulden zurückkaufen. Im Ganzen genommen hatten die Herzöge wenig gewonnen, die Stadt wenig verloren, aber immerhin verloren. Das städtische Landgebiet war nun sehr zusammengeschrumpft.
Die Zeiten beruhigten sich bald, und die Bauern bauten ihre Höfe und Häuser, wie nach anderen Kriegen wieder, auf. Sie sollten in der Folge noch öfter zerstört werden, wenn die Herzöge und die Stadt sich nicht vertragen konnten. Auch die Landwehren und die Landwehrtürme rings um die Stadt herum wurden wieder wehrtüchtig gemacht.
Die Schlacht bei Bleckenstedt-Steterburg-Geitelde am 12. September 1553
Bleckenstedt spielt dann nach der denkwürdigen Schlacht bei Sievershausen nicht unweit von Peine am 9. Juli 1553 im Kampfe gegen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach in einem zweiten Treffen eine Rolle. Die katholischen und protestantischen Fürsten Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel, Friedrich von Lüneburg und der Kurfürst Moritz von Sachsen treffen bei Sievershausen mit dem Heere des berüchtigten Söldnerführer seiner Zeit, Albrecht von Brandenburg-Kulmbach (Alkibiades) zusammen.
Dieser hatte sich zu einem rohen und unbarmherzigen Bandenführer entwickelt, der schonungslos Krieg führte zur „Rettung des Protestantismus“.
Hier bei Sievershausen sollen von den mit über 40 000 Mann beteiligten Heeren über 4000 im Kampf gefallen sein. Ihm fielen in der Schlacht außerdem zum Opfer Kurfürst Moritz von Sachsen und der junge Herzog Friedrich von Lüneburg und die beiden Söhne Heinrichs des Jüngeren: Philipp Magnus, Carl Victor.
Auch der illegitime Sohn Heinrichs von seiner geliebten Eva von Trott, der Ritter Heinrich Theuerdank, wurde schwer verwundet. Von den Albrechtschen Heere gerieten etwa 600 in Gefangenschaft. Der Sieg lag zweifellos auf der Seite der herzoglichen Braunschweiger, der Sachsen und Lüneburger.
Markgraf Albrecht wurde schwer verwundet am Arm und entkam mit wenigen Genossen nach Hannover. Trotz der Niederlage konnte sich der Rest seiner Scharen in die mit ihm verbündete Stadt Braunschweig zurückziehen. Aber schon im Herbst 1553 kehrte Albrecht von Brandenburg-Kulmbach mit frischem Geld gestärkt und mit neuen Söldnern nach Niedersachsen zurück.
In der Stadt Braunschweig verstärkte er sein Heer durch die Anwerbung von Hakenschützen und Doppelsöldnern und war sich sicher, Herzog Heinrichs Haufen in wenigen Tagen in der Hand zu haben.
Er richtete sein Hauptquartier in Riddagshausen ein und verheerte von hier aus die herzoglichen Dörfer bis unter die Mauern der Festung Wolfenbüttel.
Am 6. September 1553 überschritt Albrecht die Oker bei der Braunschweig-Neustädter Marsch und zog alles verwüstend, über Groß Lafferde nach Burgdorf. Nun machte er einen Bogen in östlicher Richtung auf Bleckenstedt. Er hatte sehr wohl bemerkt, dass er mit diesem wichtigen Brückenorte an der Aueniederung die damals immer noch wichtige „Lichtenberger Straße“ von Frankfurt am Main und Seesen nach Braunschweig strategisch beherrschte und die Straße von Hildesheim nach Wolfenbüttel und die Straße von Bleckenstedt nach der wichtigen Okerfurt bei Leiferde!
In dieser Position muss er sich ziemlich sicher gefühlt haben. Von hier weiter nach Riddagshausen (Hauptquartier).
Aber auch der Herzog Heinrich der Jüngere hatte inzwischen neue Gelder und Truppen gesammelt. Er hatte sich zudem mit seinem langjährigen Gegner Erich II. von Calenberg(Hannover) verbündet. So gelang es ihm, Albrecht mit seinem Heere aus Bleckenstedt zu vertreiben, denn auch er erkannte die überlegene Lage des Besitzes von Bleckenstedt.
Es kam noch am selben Tage, am 12. September 1553, zwischen den beiden Heeren zu einer heftigen und blutigen Schlacht hinter Steterburg nach Geitelde zu, etwa 6 Kilometer nur von Bleckenstedt entfernt.
Albrecht wollte wahrscheinlich den wichtigen Okerübergang nach Leiferde gewinnen, denn er hatte diese Straße ja gewählt. Der Herzog, der die strategische Lage hier ganz genau beherrschte – es war ja sein Land – wird den Okerübergang bei Steterburg schon gesperrt haben. Wie in der Karte der damaligen Zeit (Bornstedt, Die alten Heer- und Handelsstraßen im Großraume um Braunschweig. Braunschweig 1969) zu sehen ist, bildet der Mühlenbach hier eine sehr sumpfige Niederung mit Fisch- und Mühlenteichen für das Kloster. Die Straße ist hier als „Damm“ errichtet, der noch von den Zeiten stammte, als das Kloster eine feste Sumpfburg war. Sie galt als uneinnehmbar! Das war vor 1007 (Urkunde König Heinrichs II, über die Klostergründung. Annales Stederburgensis, Archiv Wolfenbüttel).
So war Albrecht gezwungen nach Norden, also nach Geitelde , auszuweichen. In der Gegend „Unter dem Geitelschen Wege“, Über dem Butterbusche“ und „Am Schäferberg“ wird dann die Schlacht stattgefunden haben, wie ich es in meiner Karte anzudeuten versucht habe.
Albrecht wurde hier geschlagen und nach Braunschweig zurückgeworfen, von den Herzoglichen bis unter die Mauern der Stadt verfolgt. Von seinen sieben Fahnen gingen allein fünf verloren, seine Hackenschützen waren fast alle im Kampfe gefallen.
Der Markgraf soll beim Einreiten in die Stadt gerufen haben:“ Ich habe schier abermals alle meine Rittmeister dahinten gelassen und meinen besten Freund Claus Barner!“ Albrechts Niederlage war vollständig!
Claus Barner, der Führer der aufständischen Adelspartei gegen den Herzog, hatte in seiner Jugend geschworen, in seiner Feindschaft gegen den Herzog nicht nachzulassen, weil dieser seinen Vater Hans einmal auf Schloß Steinbrück (bei Hoheneggelsen) im Kampfe erstochen hatte. Der Herzog ließ ihn im nahen Steterburg ehrenvoll bestatten.
Drei Tage hütete er Sieger – wie es auch bei der Schlacht bei Siervershausen üblich gewesen war – das Schlachtfeld.
Albrecht von Brandenburg-Kulmbach konnte die uralte Steterburger Sperre des Herzogs nach Osten (Leiferder Okerübergang) nicht benutzen und wich nach Norden, nach Geitelde, aus. Das wurde ihm zum Verhängnis.
Markgraf Albrecht wurde aber nach einigen weiteren Kämpfen in Süddeutschland geschlagen, an denen sich auch der Herzog von Braunschweig beteiligte, er wollte seine gefallenen Söhne rächen.
Albrecht wurde schließlich in die Reichsacht getan. Nach der Schlacht bei Steterburg hat ihn das Kriegsglück verlassen. So sind die Kämpfe bei Sievershausen und Bleckenstedt-Steterburg auch das Ende eines Teils Reichsgeschichte geworden.
Quelle: Dr. Wilhelm Bornstedt, Stadtheimatpfleger von Braunschweig (https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Bornstedt)